BERICHT EXPERTENTELEFON „Das Sterben nicht totschweigen“ am 25.10.2012

Das Sterben nicht totschweigen

Den letzten Weg selbstbestimmt und in Würde gehen

Über das Sterben macht sich niemand gern Gedanken. Verständlicherweise ist das Thema sehr stark mit Ängsten besetzt – und wird in vielen Familien schlichtweg totgeschwiegen. Doch auch wenn es schwerfällt: Ganz ausklammern sollte man das Sterben, den Tod und die damit verbundenen Themen nicht aus seinem Leben. Denn wer sich aktiv mit dem Tod auseinandersetzt, hat meist weniger Ängste und kann sich selbst ebenso wie seinen Angehörigen allein schon dadurch sehr helfen, dass alle wissen, welche Wünsche er hat. Diese Orientierung ist wichtig, wenn es um so heikle Themen wie Patientenverfügung und Organspende geht, aber auch rund um den Nachlass und zum Beispiel die Beisetzung sind die Angehörigen meist für eine klare Orientierung dankbar. Unsere Experten konnten viele Fragen beantworten und die Fragenden oft darin unterstützen, den letzten Weg selbstbestimmt zu gehen.

Wie verbindlich ist eine Patientenverfügung?

Gerade der Prozess des Sterbens wirft viele Fragen auf. So zum Beispiel die nach der Verbindlichkeit einer Patientenverfügung. Denn wer seine Wünsche klar dargelegt hat, der möchte nicht, dass später darüber hinweggegangen wird. Rechtsanwalt Dr. Markus Schuhmann erklärte die Zusammenhänge: „Im Grundsatz sind die Anordnungen in einer Patientenverfügung verbindlich. Die Angehörigen könnten jedoch vortragen, dass der Patient für genau diese Krankheitssituation eine künstliche Ernährung nicht habe verhindern wollen und deswegen künstlich ernährt werden soll. Der Arzt wird sich zunächst an die Patientenverfügung, aber auch an den mutmaßlichen Willen des Patienten halten. Sollte der Arzt Zweifel an der Anordnung der Patientenverfügung haben, wird er dann ohnehin das Betreuungsgericht einschalten. Bleiben am Ende Zweifel am mutmaßlichen Willen des Patienten und kann dessen Sterbewunsch nicht rechtssicher ermittelt werden, dann hat der Schutz des Lebens letztlich Vorrang.“

Individuell Abschied nehmen

Fast ebenso wichtig ist auch heute noch vielen Menschen ihre Beisetzung. Doch die traditionelle Erd- oder Feuerbestattung mit anschließendem Leichenschmaus wünschen sich viele nicht. Immer mehr Menschen machen sich Gedanken über die für sie passenden Abschiedsrituale. Andrea Maria Haller vom Stuttgarter Bestattungshaus Haller hat schon viele individuelle Rituale gestaltet: „Nichts ist schöner, als wenn Freunde, auch unter Tränen, Geschichten vom Verstorbenen erzählen. Trauerfeiern müssen auch nicht auf dem Friedhof stattfinden. Solange Sie die Erlaubnis des Eigentümers haben und kein öffentliches Ärgernis erregen, können Sie die Trauerfeier – sogar mit Sarg – im Garten machen, im Wohnzimmer oder in der Lieblingskneipe des Verstorbenen. Nur für die Beisetzung ist der Friedhof vorgeschrieben.“

 

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Das liebe Geld

Die meisten Trauerfeiern kosten ein kleines Vermögen. „So ist für eine herkömmliche Erdbestattung mit Kosten für Sarg, Grabstein und Trauerfeier sowie für die Bestattungsgebühren der Friedhöfe je nach Ausführung schnell mit Kosten zwischen 2.500 und weit über 10.000 Euro zu rechnen“, erklärt Michaela Atsch von der Münchener Verein Versicherungsgruppe, die mit dieser Thematik sehr vertraut ist, und ergänzt: „Wer seine Hinterbliebenen damit nicht belasten möchte, kann sich für eine Sterbegeldversicherung entscheiden. Die ausgezahlte Versicherungsleistung steht den Begünstigten zur freien Verfügung, wenngleich sie natürlich meist zur Absicherung der Beerdigungskosten abgeschlossen wurde.“ Mit so einer Sterbegeldversicherung werden zum einen die Angehörigen finanziell entlastet und zum anderen kann bereits zu Lebzeiten ein würdevoller Abschied nach eigenen Vorstellungen festgelegt werden. Für interessierte Frauen hat Frau Atsch noch einen Spar-Tipp: „Ein Versicherungsabschluss bis 20. Dezember sichert Frauen günstigere Beiträge zur Sterbegeldversicherung. Denn ab dem 21. Dezember verteuern sich für sie aufgrund des sogenannten Unisex-Urteils der Europäischen Union die Versicherungsbeiträge für die Sterbegeldversicherung.

Erben und Vererben

Ein oft schwieriges Thema, das schon manche Familie entzweit hat, ist das Erbe. Dass sie den Familienfrieden mit einem eindeutigen Testament schon im Vorfeld sichern können, wissen viele. Doch wie das funktioniert, ist häufig ein Buch mit sieben Siegeln. Spätestens beim Pflichtteil – etwa für die Kinder – wird es vielen zu kompliziert: „Es gibt keine Pflicht, Kinder auch in finanzieller Hinsicht gleich zu behandeln“, erklärt Bernhard Würzle, Fachanwalt für Erbrecht. „Allerdings sieht das Gesetz unter bestimmten Voraussetzungen Ausgleichs- und Anrechnungsansprüche sowie Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsansprüche vor. Diese Ansprüche können dazu führen, dass die übergangenen Abkömmlinge – abhängig vom sonstigen Nachlass – Ansprüche gegen die Erben oder die Beschenkten geltend machen können.“

Besser verschenken als vererben

Doch wenigstens die Erbschaftssteuer lässt sich zumindest teilweise vermeiden, indem man sich für Schenkungen entscheidet. „Durch das regelmäßige Ausnutzen der persönlichen erbschaftsteuerlichen Freibeträge kann ein erhebliches Maß an Erbschaftsteuer gespart werden“, erklärt Dr. Markus Schuhmann das Prinzip, „nach derzeitiger Rechtslage stehen Erben beziehungsweise Vermächtnisnehmern folgende persönliche Freibeträge zu: Ehegatten  500.000 Euro und Kindern 400.000 Euro. Diese Steuerfreibeträge können alle zehn Jahre erneut wieder in Anspruch genommen und auch bei Schenkungen genutzt werden.“

INFOKASTEN

Weitere Informationsquellen für Interessierte:

  • Die Bundeszentralstelle Patientenverfügung informiert auf www.patientenverfuegung.de.
  • Fragen und Antworten aus dem Chat „Das Sterben nicht totschweigen“ auf www.experten-im-chat.de.
  • Informationen zu den Themen Sterbegeldversicherung und Unisex-Urteil der Europäischen Union finden sich auf www.mv-versicherung.de.
  • Bundesministerium der Justiz hat im Servicebereich auf www.bmj.de die Broschüre „Erben und Vererben. Informationen und Erklärungen zum Erbrecht“ bereitgestellt.

 

Am Telefon saßen für Sie:

Bernhard Würzle, Fachanwalt für Erbrecht, München

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Dr. Markus Schuhmann, Fachanwalt für Erbrecht, München

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Michaela Atsch, Expertin für Personenversicherungen der Münchener Verein Versicherungsgruppe

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Andrea Maria Haller, Geschäftsführerin des Bestattungshauses Haller, Stuttgart. Die ausgebildete Theologin gestaltet Trauerfeiern und setzt sich für einen dem Menschen zugewandten Umgang mit dem Thema Tod und Bestattung ein.

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Quelle: deutsche journalisten dienste (djd),